von Enya Janßen (Team News2Go)
Stellen Sie sich doch erst einmal vor.
„Ich bin 63 Jahre alt, habe 3 Kinder und lebe seit 15 Jahren in Ratingen. Seit 2011 bin ich am Kopernikus-Gymnasium, seit 2012 Schulleiter.”
Wollten Sie schon immer Lehrer/Schulleiter werden? Und, wenn nicht, was wollten Sie werden?
„Zunächst habe ich mich für den Polizeidienst interessiert, dann aber Jura (Grundstudium) und Lehramt (Latein, Philosophie, evangelische Religion) studiert. Nach der Ausbildung bin ich allerdings nicht an die Schule, sondern in den Daimler-Konzern gegangen, habe dort intern eine Wirtschaftsfortbildung absolviert und mehrere Firmen mit aufgebaut oder saniert. Nach 15 Jahren Wirtschaft hatte ich Lust, wieder mehr mit jungen Menschen zu arbeiten, habe den Beruf gewechselt und angefangen, als Lehrer zu arbeiten.“
Warum sind Sie auf das Kopernikus-Gymnasium gekommen?
„Als meine Familie nach Ratingen zog, habe ich mich erkundigt, welches Gymnasium für mich interessant sein könnte und gehört, dass die Atmosphäre und der Umgang solle am KGL am besten sei. Ich hab’s mir angesehen – und bin geblieben.“
Was ist das Beste an Ihrem Job?
„Das Beste an meinem Beruf ist, dass ich als Schulleiter meine organisatorischen Erfahrungen aus der Wirtschaft mit der pädagogischen Arbeit in der Schule verbinden kann.“
An vielen Schulen herrscht Mobbing und Ausgrenzung. Was sagen Sie dazu?
„Bei uns eher weniger. Wir greifen schon bei kleinen sozialen Auffälligkeiten ein und führen diese mit verschiedenen Ansätzen wie Sozialtrainings oder der Schulsozialarbeit und manchmal auch mit disziplinarischen Maßnahmen in einen akzeptablem Umgangsrahmen zurück. Schwierig wird es dann, wenn Schüler und Eltern, die uns aus falsch verstandener Solidarität mit den ‚Tätern‘ oder der Angst, eine „Petze“ zu sein, erst sehr spät oder gar nicht über Probleme berichten.“
Finden Sie es gerechtfertigt, dass viele Schüler mehr Respekt vor Ihnen haben als vor „normalen“ Lehrern?
„Wenn ich unterrichte, bin ich auch ein „normaler“ Lehrer. Als Schulleiter habe ich vor allem in organisatorischen Fragen die Verantwortung und das letzte Wort in der Schule. Und es stimmt mich milde, wenn die anderen das respektieren.“
Wie sieht so ein Alltag als Schulleiter aus?
„Abgesehen von der ersten halben Stunde, in der ich versuche, mir einen Überblick über aktuelle Nachrichten und Ereignisse zu verschaffen, gibt es keinen „Alltag“ für mich. Sobald die erste Stunde begonnen hat, landen relativ unvorhersehbar irgendwie alle Vorgänge, die es an der Schule gibt, auf meinem Schreibtisch. Wann welcher Vorgang passiert, ist kaum vorauszusehen. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit bleibt immer, täglich im Gespräch mit Schülerinnen, Schülern, Eltern und dem Kollegium zu bleiben.“
Gibt es etwas, was Sie gerne an unserer Schule verändern würden?
„Da gibt es ganz viel, angefangen von baulichen Maßnahmen und der materiellen Ausstattung bis hin zu geringeren Klassen- und Kursstärken. Aber nichts von dem können wir direkt beeinflussen. Deshalb sollten wir uns auf das konzentrieren, was in unserer Macht liegt und jeder einzelne für sich verinnerlichen muss, dass nämlich Schule nicht als Zwang wahrgenommen wird, sondern als Chance. Jede und jeder kann und darf soviel mitnehmen, wie sie oder er möchte. Es ist Eure Bildung als Schüler, die es zu gewinnen gibt.“
Was sind, Ihrer Meinung nach, Eigenschaften eines guten Lehrers?
„Neben einem wirklich guten Fachwissen muss sie oder er die Menschen und den Lehrerberuf lieben. Nur wenn ein Lehrer in sich und seiner Arbeit ruht, kann er junge Menschen für sein Fach begeistern. Leistungsmessung und Zensuren sind eine Sache, der Respekt vor den Schülerinnen und Schülern eine andere. Auch wenn z. B. einmal ein Schüler nicht direkt erkennt, dass Latein das großartigste und praktischste Fach der Welt ist, so werde ich doch alles tun, ihn davon zu überzeugen. Ob er oder sie das dann annimmt, bleibt Entscheidung des Schülers oder der Schülerin. Respekt ist etwas Gegenseitiges. Lehrerinnen und Lehrer sollten für Ihre Schüler eine Persönlichkeit bieten, an der man sich orientieren und notfalls auch reiben kann, von der fachlichen Kompetenz her ebenso wie vom Verhalten.“
Was würden Sie Ihren Schüler*innen mit auf den Weg geben?
„Habt keine Angst vor der Schule. Es gibt Dinge, vor denen man mit Recht Angst haben darf oder sollte wie Krieg, Krankheit, persönliche Verluste oder Drogen. Dahingegen sind Prüfungen, Studien- oder Arbeitsplatzsuche nur Felder, auf denen Ihr Euch ausprobieren könnt und müsst. Traut Euch und sammelt so viele Erfahrungen, wie Ihr aushaltet.“